Interview Dr. med. Hans-Joachim Petersohn Senator h.c.
03.02.2021

Herr Dr. Petersohn, Sie haben ein ganzheitliches Gesundheitskonzept entwickelt, das Symptomen auf den Grund geht. Sie fragen demnach nicht nur, wo es wehtut, sondern ergründen auch, woher die Beschwerden genau stammen. Denn häufig liegt die Ursache einer Erkrankung nicht dort, wo sie ausbricht. Erzählen Sie uns ein wenig davon.

Dr. Petersohn: Das ist richtig. „Salutomed“ heißt dieses Gesundheitskonzept. Es beinhaltet den Begriff Salutogenese, der von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) vor einigen Jahren ins Leben gerufen wurde. 
Und zwar für die neue Richtung der klassischen Medizin. Wir haben diesen Grundbegriff mit „Medizin“ zusammen zu „ Salutomed“ kombiniert. In unserem Zentrum in Düsseldorf ist dieses Konzept als Grundsatz eingeführt.
Das bedeutet: Eine rein symptomorientierte Behandlung ist out! Vielmehr versuchen wir mit dem Patienten gemeinsam die Ursache seiner Beschwerden zu finden. Das tun wir durch die klassische schulmedizinische Diagnostik, erweitert aber etwa auch um einen manualmedizinischen Status des ganzen Körpers. Anschließend behandeln wir diese Ursache, natürlich um den Patienten im Idealfall zu heilen, und dann – das ist das Besondere – mit dem Patienten ein individuelles, präventives Gesundheitskonzept zu erstellen, damit er mit hoher Lebensqualität gesund alt werden kann.

Kann man dies auch auf die Ernährung übertragen? Sprich: Kann es sein, dass man mit Symptomen auf eine Nahrungsmittelunverträglichkeit reagiert, die man einer solchen aber gar nicht direkt zuschreiben würde? So zum Beispiel Kopfschmerzen bei Fructoseintoleranz?

Dr. Petersohn: Zweifellos gibt es eine Reihe von Symptomen, bei denen es nicht nur sinnvoll, sondern notwendig ist, die Ursache zu suchen und zu finden: Dazu zählen zum Beispiel der von Ihnen genannte

  • Kopfschmerz,
  • aber auch Kraftlosigkeit bis hin zum Burnout,
  • Schlafstörungen,
  • Hautausschläge,
  • Durchfälle
  • und viele andere.

Dabei spielt die Ernährung eine führende Rolle: „Der Mensch ist, was er isst“ – das ist viel mehr als ein Sprichwort. Es ist Tatsache! Das Tückische: Viele Zusatzstoffe wie zum Beispiel Geschmacksverstärker, aber auch Farbstoffe, Haltbarkeitsstoffe oder toxische Substanzen wie Arsen in Fisch, führen oft nicht unmittelbar zu Symptomen, sondern erst nach Anhäufung zeitlich verzögert und sind somit schwer der Ursache zuzuordnen.

Welche Rolle spielt für Sie eine gesunde, ausgewogene Ernährung? Ist sie die Basis unserer Gesundheit?

Dr. Petersohn: Selbstverständlich spielt eine gesunde ausgewogene Ernährung eine große Rolle. Eine biologisch-dynamische Ernährung ist dabei aber sinnvoller, als Mineralien und Vitamine zum Beispiel durch synthetische Kapseln zuzuführen. Das Hauptproblem in der modernen ganzheitlich orientierten Praxis ist aber nicht die Zufuhr, sondern eher die Verwertung im Darm. Deshalb gehört zu einer sorgfältigen Untersuchung immer auch eine Stuhlanalyse. Dabei untersuchen wir die Dünndarm- von der Dickdarmflora getrennt voneinander. So können wir herausfinden, ob der Mensch überhaupt in der Lage ist, Mineralien, Vitamine und Spurenelemente aufzunehmen und dem Körper zugänglich zu machen. Dabei spielen die Menge und Qualität der Enzyme, der Anteil bestimmter Bakterienarten sowie der pH-Wert eine entscheidende Rolle.

Man kann aber auch nicht alle benötigten Vitalstoffe über die Ernährung aufnehmen, so optimal sie auch ist. Vitamin D3 ist dafür ein gutes Beispiel. Können Sie kurz erklären, warum das so ist?

Dr. Petersohn: Das stimmt! In unserem Land haben die meisten Menschen einen eklatanten Vitamin-D3-Mangel. 
Sie glauben, wenn man sich der Sonne aussetzt, könnte man diesen Mangel langfristig beseitigen. Das ist definitiv nicht der Fall! Vielmehr sollte nach einer sorgfältigen Analyse des Aufnahmevorgangs von Vitamin D3 eine individuelle Einnahme vonD3, idealerweise gepaart mit Vitamin K2, erfolgen. Den langfristigen Erfolg kann man mit Blutbildern prüfen.

Die Folge eines D3-Mangels können zum Beispiel Erschöpfung oder Infektanfälligkeit sein. Und ein Mangel ist weit verbreitet! Woran liegt das? Und was kann man dagegen tun?

Dr. Petersohn: Früher glaubte man, dass ein Vitamin-D3- und Kalziummangel ausschließlich etwas mit Osteoporose im Alter zu tun hätten. Fakt ist aber: Ein Vitamin-D3-Mangel hat erheblich mehr Symptome zur Folge. Das können zum Beispiel sein:

  • Zunahme der Erkältungskrankheiten mit entsprechenden Krankenfehltagen,
  • Erschöpfung bis hin zur Arbeitsunfähigkeit,
  • Immunabwehrschwäche zum Beispiel bestimmter T-Zellen im Immunprofil, die für die Virusabwehr verantwortlich sind,
  • Generelle Abnahme der Lebensqualität.

Hier kommt man ohne die sogenannte intrazelluläre Spiegel-Kontrolle von Vitamin D3 und ohne Zufuhr von Vitamin D3 nicht aus. Am besten kombiniert man zur besseren Aufnahme Vitamin D mit Omega-6-Fettsäuren. Das können zum Beispiel Fischölkapseln kombiniert mit Vitamin D3 sein. Dies ist insbesondere in der kalten Jahreszeit von Mitte September bis Mitte April wichtig. Denn: In dieser Zeit steht die Sonne zu tief, um in der Haut des Menschen durch fehlende UVB-Strahlung Vitamin D3 bilden zu können. Bei aufgefülltem Vitamin D3-Spiegel und wenn man regelmäßig in die Sonne geht, kann dann in den Sommermonaten auf die Einnahme von Vitamin D3 verzichtet werden.

Sie bieten im Salutomed Center auch eine ganzheitliche Ernährungstherapie an – wie sieht die genau aus?

Dr. Petersohn: Die meisten Patienten brauchen keine strenge Diät. Es ist sinnvoll, das Bewusstsein und die Eigenverantwortung für die Gesundheit und insbesondere für die Ernährung zu mobilisieren und dann einen individuellen Plan für den Patienten zu erstellen. Dabei spielt die Messung des pH-Wertes im Urin mit der Erstellung eines Tagesprofils eine große Rolle. Das Ziel: Die basischen Lebensmittel sollten am Tag überwiegen. Dazu erhalten die Patienten eine entsprechende Lebensmittelliste. Wie uns die neuesten Studien zeigen, ist auch ein schneller Gewichtsabbau mit erheblichen Risiken verbunden und deshalb nicht sinnvoll. Etwa zwei bis drei Kilo Gewichtsverlust pro Monat sind in Ordnung und ein gesundes Maß.

Welche wissenschaftlichen Entdeckungen der letzten Jahre in Sachen Ernährung/Vitalstoffe/Vitamine haben Sie besonders beeindruckt?

Dr. Petersohn: Besonders beeindruckt hat mich in den letzten Jahren die ernährungswissenschaftliche Studie von Professor Wehrbach aus Los Angeles. Diese umfasst sage und schreibe 6000 Seiten. Die großen Teilnehmerzahlen von 20.000 bis 30.000 Probanden geben dieser Studie eine große Bedeutung. Sein Fazit: Mikronährstoffe, Vitamine und Spurenelemente werden bei der Erzeugung von Krankheiten deutlich unterschätzt! Meine Empfehlung ist: Warten Sie nicht erst bis zum Auftreten von Symptomen, sondern lassen Sie etwa ab 35 Jahren alle zwei Jahre ein Mineralstoff- und Vitaminprofil erstellen – sowie eine Analyse des Immunsystems. Auf Basis dieser Erkenntnisse können dann individuell fehlende Mineralien,Vitamine und Spurenelemente zugeführt werden. Wichtig dabei: Achten Sie auf natürliche Bestandteile! Haltbarkeitsstoffe, Farbstoffe, Gelatinekapseln und laktosehaltige Produkte sind nicht ideal. Wer keine individuelle Analyse durchführen lassen möchte, sollte zumindest in der kalten Jahreszeit die Zufuhr von mindestens 6000 Einheiten Vitamin D3 täglich, Zink, Kupfer und Selen gewährleisten. Diese Kombination stärkt das Immunsystem – besonders die Abwehr gegen Viren, hier ist die Studienlage weltweit eindeutig. Das ist vor allem in Zeiten von drohender Covid-19-Infektion wichtig. England geht hier zum Beispiel seit neuestem mit gutem Beispiel voran. Das Land verteilt kostenfrei Vitamin D3 an Risikogruppen wie alte Menschen und schwer Erkrankte.

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